seht, unsere Hochzeitsfotos, da sind sie zur Dekoration
Sex with a crypto trans / Pride in Halle / Come see my play in Leipzig!
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Ein weiterer Reddit-Hookup und diesmal hat ein_e crypto trans den Weg in mein Bett gefunden.
Gelesen habe ich den Begriff des_der crypto trans zum ersten Mal bei Torrey Peters, im Roman Detransition, Baby!:
Reese’s dating practice prescribed that the only chasers you had to avoid were the crypto-trans women, the ones who want to be women but are too closeted to handle it, and so they live their fantasies through you. You can feel it when you’re with a crypto-trans. A crypto-trans has to evacuate you, your personhood, to use you, to fantasize that he is you getting fucked even as he fucks you. You’re just a body for him to live through vicariously. It’s the most alienating thing in the world. It’s like being psychically worn. Like you’re a glove.
Crypto heißt eigentlich sowas wie verborgen oder versteckt. Mit crypto trans wird das Phänomen benannt, dass manche Menschen, die ihre eigene Sehnsucht danach, trans zu sein, über die Fetischisierung anderer trans Menschen ausleben. Also: Jemand ist innerlich vielleicht trans oder zumindest unglücklich mit dem eigenen cis-Sein und fantasiert davon, ein anderes Geschlecht als das Derzeitige zu sein. Anstatt aber dieses Geschlecht selbst auszuprobieren oder zu erforschen, hat die Person Sex mit einem trans Menschen.
Am empfangenden Ende dieser crypto Praktik fühlt mensch sich leerer und leerer und danach einfach unendlich erschöpft.
Ich bin ja nicht einmal eine trans Frau. Wieso will denn dann eine Person, die aktuell als cis Mann lebt, dann durch mich ihr Trans-sein ausleben? Meine Antwort darauf lautet Sachsen. Ich vermute, dass die fehlende Weltgewandtheit, die hier kein Grund zur Scham sondern Grund zum Stolz ist, ihre Rolle spielt. Jemand, der nicht so genau weiß, was für verschiedene Arten und Weisen des Trans-Seins es gibt, und noch nicht mitbekommen hat, welche rein körperlichen Unterschiede zwischen (beispielsweise) trans männlich und trans weiblich bestehen, landet dann irgendwann auch mal in meinem Bett.
Natürlich war vorab von diesen Gedanken und Wünschen keine Rede. Es gab keinen informierten Konsens darüber, dass ich fetischisiert und zugleich meiner Lebensenergie beraubt werden sollte.
Warum macht mensch das?!?!?!
Ich denke, dass die patriarchal privilegierte Position in unserer Gesellschaft nur zwei Beziehungsmuster lernt: Entweder, andere Menschen zu konsumieren oder sie zu fetischisieren. Im Fall einer crypto trans Person ist es eine Mischung aus beiden.
Zum Beispiel: Wenn jemand männlich sozialisiert ist und dabei keine Marginalisierungserfahrung machen musste (zb nicht immer wieder gesagt bekam, dass mensch zu feminin, zu schwul, zu mädchenhaft, usw sei), und auch von der eigenen Persönlichkeit her in der patriarchalen Dominanz, die ihm_ihr zugesprochen wird, zuhause ist, dann lernt er_sie, eine ganz bestimmte Art, zu anderen in Beziehung zu treten. In der dominanten / hegemonialen Männlichkeit sind alle anderen schließlich Dienstleister_innen und Objekte.
Wenn diese Person aber im Laufe ihres Lebens spürt, dass Mannsein gar nicht das Richtige ist, dass er_sie kein Mann sein möchte bzw. gar kein Mann ist, so fehlen ihm_ihr jegliche Skills, diese anderen Daseinsformen kennen zu lernen.
Denn trans Sein wird von anderen (trans) Menschen gelernt. Ob online oder face to face, mensch muss sich zu anderen trans Menschen, unserer Kultur- und Wissensproduktion in Beziehung setzen. (Das klingt anspruchsvoller, als es ist, denn auch eine Drag Show oder ein obskures trans Forum zählen zu Kultur und Wissen.)
Wie sich aber in Beziehung setzen, wenn mensch nichts kann, als konsumieren und fetischisieren?
Die Antwort ist - crypto trans.
Und wieder ein CSD, diesmal in Halle und Kyle hat dabei geholfen, ihn zu organisieren, also muss ich hin, egal wie erschöpft. Und wieder TERFs, aber nur wenige und sie haben kryptische Botschaften, die niemand versteht. Und wieder haben Teens ihre Free-Hugs-Schilder dabei, auf ihnen stehen Alter, Pronomen, Instagram, etc. Ich frage eine Person (18, he/she/they), ob sie schon umarmt wurde, und they sagt, leider nein und eigentlich hatte they die Hoffnung, dass sich so die Schüchternheit umgehen ließe und they endlich mal jemand kennen lernen würde. Ich sage viel Glück aber möchte keine Umarmung anbieten, weil ich ja schon doppelt so alt bin und nicht weiß, was aktuell wohl die Etikette sind, mit fremden Teenagern umzugehen.
Und am Hauptbahnhof sind Nazis und davor Polizei und davor Antifas.
Und in der Demo (in der Parade? Im Marsch?) sind auch Antifas und am Rande auch, das ist gut, denn die Polizei untersteht dem Innenministerium des jeweiligen Bundeslandes und es wird der Tag kommen, an dem die Polizei in Halle (und Leipzig und…) nicht zwischen uns und den Nazis steht, sondern an deren Seite.
Und die Sonne scheint, obwohl im Osten die Elbe überzulaufen droht und dort drüben heiraten zwei Heteros. Sie machen Fotos vor dem Pride March, der an ihnen vorbeizieht, später können sie ihren Enkelkindern dann erzählen, dass sie uns unterstützt haben, seht, unsere Hochzeitsfotos, da sind sie zur Dekoration im Hintergrund, da tanzen sie auf ihrem Wagen.
Und dann sind ganze viele Ballett-Tänzer_innen und andere Leute von der Oper Halle auf einem Sandsteinbalkon mit Progress-Flag hoch oben, sie machen Hebefiguren und werfen Süßigkeiten und dann kommt …Baby one more time! von Britney Spears und ich bin froh, dass ich da bin.
Meinen Text vom letzten Jahr, der auch Progress Flag heißt, stelle ich euch kostenlos zur Verfügung, weil ich mit Jetlag und Proben einen Newsletter ausfallen ließ.
Ein Text von mir ist im Missy-Band „Fickt Euch!“ Bei der Edition Nautilus erschienen. Am 25.9. ist eine Releaseveranstaltung in Berlin.
Kommt am 12. oder 13. Oktober nach Leipzig ins OPT und schaut „Ich bin das Walross“! (Achtung: OPT hat hohe Treppenstufen ohne Fahrstuhl und keine DGS-Übersetzung!)
Als Despite-Leser_in hast die explizite Erlaubnis, meine Texte mit anderen zu teilen, zu kommentieren und zu diskutieren. Viel Spaß!
see, our wedding photos, there they are for decoration
Another Reddit hookup and this time a crypto trans has found its way into my bed.
I first read the term crypto trans in Torrey Peters' novel Detransition, Baby!:Reese’s dating practice prescribed that the only chasers you had to avoid were the crypto-trans women, the ones who want to be women but are too closeted to handle it, and so they live their fantasies through you. You can feel it when you’re with a crypto-trans. A crypto-trans has to evacuate you, your personhood, to use you, to fantasize that he is you getting fucked even as he fucks you. You’re just a body for him to live through vicariously. It’s the most alienating thing in the world. It’s like being psychically worn. Like you’re a glove.
Crypto actually means something like hidden or concealed. Crypto trans refers to the phenomenon of some people who live out their own longing to be trans by fetishizing other trans people. In other words, someone may be trans or at least unhappy with their own cis identity and fantasizes about being a different gender to their current one. But instead of trying out or exploring this gender themselves, the person has sex with a trans person.
At the receiving end of this crypto practice, one feels emptier and emptier and then just infinitely exhausted. I'm not even a trans woman. So why does a person who currently lives as a cis man want to live out their trans-ness through me? My answer to that is Saxony. I suspect that the lack of worldliness, which here is not a reason for shame but a reason for pride, is of relevance. Someone who doesn't know exactly what different types and ways of being trans are available, and hasn't understood the physical differences between (for example) trans male and trans female, might eventually end up in my bed. Of course, there was no mention of these thoughts and wishes beforehand. There was no informed consensus that I was going to be fetishized as well as robbed of my life energy.
Why do people do that?!!!?!
I think that the patriarchal privileged position in our society only learns two relationship patterns: either to consume other people or to fetishize them. In the case of a crypto trans person, it's a mixture of both.
For example: If someone is socialized as a man and has not had to experience marginalization (e.g. has not been told repeatedly that they are too feminine, too gay, too girly, etc.), and is also at home in terms of their own personality in the patriarchal dominance that is attributed to them, then they learn a very specific way of relating to others. In dominant/hegemonic masculinity, all others are ultimately service providers and objects.
However, if this person realizes in the course of their life that being a man is not the right thing for them, that they do not want to be a man or are not a man at all, then they lack skills to get to know these other forms of existence. Because being trans is learned from other (trans) people. Whether online or face to face, people have to relate to other trans people and our cultural and knowledge production. (That sounds more demanding than it is, because a drag show or an obscure trans forum also count as culture and knowledge.) But how to relate when all you can do is consume and fetishize?
The answer is - crypto trans.
And another CSD, this time in Halle and Kyle helped organize it, so I have to attend, no matter how exhausted I am. And again TERFs, but only a few and they have cryptic messages that no one understands. And again, teens have their Free Hugs signs with them, with their age, pronouns, Instagram, etc. written on them. I ask one person (18, he/she/they) if they've been hugged yet and they say, unfortunately not and they were actually hoping that this would help them overcome their shyness and finally get to know someone. I say good luck but don't want to offer a hug because I'm twice their age and don't know what the current etiquette is for dealing with teenage strangers. And there are Nazis at the main station and police and antifascists in front of it. And in the demo (in the parade? In the march?) there are also antifascists and on the sidelines too, which is good, because the police are governed by the Ministry of the Interior of the respective federal state and the day will come when the police in Halle (and Leipzig and...) will not stand between us and the Nazis, but on their side.
And the sun is shining, even though the Elbe is threatening to overflow in the east and two straight people are getting married over there. They take photos in front of the Pride March that passes them by, later they can tell their grandchildren that they supported us, look, our wedding photos, look at them in the background as decoration, how they are dancing on their float.
And then there are lots of ballet dancers and other people from the Halle Opera House on a sandstone balcony with a Progress flag high up, they do lifts and throw sweets and then ...Baby one more time! by Britney Spears comes on and I'm glad I came.
I'm removing the paywall off my text from last year, which is called Progress Flag as well, because I missed a newsletter due to jet lag and rehearsals.
A text by me in the Missy volume “Fickt Euch!”, published by Edition Nautilus. There's a release event in Berlin on 25.9.
Come to the OPT in Leipzig on October 12th or 13th and watch “Ich bin das Walross”! (Attention: OPT has high stairs without an elevator and no DGS translation!)
As a Despite reader, you have explicit permission to share, comment on and discuss my texts with others. Have fun!